Es ist Donnerstag, sieben Uhr abends und ich sitze in einem Taxi, dass mich aus dem Zentrum von Hanoi heraus, zu einem kleinen Café fährt. Ich frage mich, wie es wird – das Interview über soziale Architektur. Mich erwartet eine Überraschung. Huyền spricht kaum Englisch, nur ein wenig Deutsch. Mit Hilfe von beiden Sprachen, Hand, Fuß, Stift und Papier tauschen wir uns über ihre Arbeit aus, über soziale Architektur, Projekte und Ideen, wie jeder von uns mehr tun kann – Jeder, auf seine Weise.

Huyền möchte mehr tun. In ihrem kleinen Cafe außerhalb des Zentrums von Hanoi verkauft sie Handarbeiten von Minderheiten aus dem Norden, wie zum Beispiel den Hmong. Sie haben es besonders schwer … Ein Stockwerk höher finden Workshops zu unterschiedlichen DIY-Themen statt. Alles was sie heute plant und umsetzt, entspringt dem engen Kontakt m

it den Menschen vor Ort und aus ihrer Umgebung. Sie fragt nach.
Als Huyền während ihres Architektur Studiums den Norden Vietnams erkundet hat, wollte sie vor Ort helfen und hat zunächst immer Decken und Essen dabeigehabt. Sie wollte ihre Liebe zum Land und dem Reisen mit etwas Sinnvollem verbinden. Es folgten Veranstaltungen, durch die sie noch mehr Geld und Lebensmittel besorgen konnte. Dann wurde ihr klar: Das löst die Probleme nicht langfristig.
Eine Architektin hilft, mit dem was sie am besten kann

Nur was kann sie als Architektin tun? Die Antwort ist überraschend einfach: Häuser bauen! 2013 hat sie die Nabe.Arc (Natural Beauty in Architecture) gegründet, eine Organisation, die Entwicklungshilfe mit Architektur verbindet. Zusammen mit ihrem Team baut sie Schulen, Aufenthaltsräume und sogar kleine Gemeinschaftsdörfer für ärmere Gemeinden im Norden Vietnams. Schüler müssen in diesem Teil des Landes weite Wege auf sich nehmen, um zur Schule gehen zu können und schlafen daher oft vor Ort in Gemeinschaftsräumen. Häufig sind diese in einem schlechten Zustand. Huyền wusste, dass sie genau hier helfen kann.
Wir haben das Café im Erdgeschoss verlassen und Huyền führt mich durch ihr Büro, zeigt mir Modelle für den Bau einer Schule. 400 Schüler aus Ngoc Long werden bald in diesem Dorf zur Schule gehen und dort übernachten. Nur woher weiß sie, wie die Räume aussehen sollen und was die Menschen vor Ort wirklich brauchen?
Sie fragt nach.

Zusammenarbeit, statt Hilfe und Abhängigkeit
Bevor Huyền und ihr Team ein Projekt starten, leben sie drei Monate bei den Menschen. Sie lernen sie kennen, hören ihnen zu und bekommen das alltägliche Leben mit. Es ist ihnen wichtig, dass sie nicht blind helfen oder einfach Geld dalassen, sondern gemeinsam langfristig etwas verändern.
Um das zu erreichen, ist immer jemanden als Ansprechpartner vor Ort, der auch zusammen mit den Kindern kocht und sie betreut. Es geht nicht darum einfach etwas zu bauen und es dann zurückzulassen, das passiert auch so schon in Vietnam. Es geht darum Wissen, Geld und Gemeinschaftsgeist zu vereinen, damit die Kinder in diesen Regionen das bekommen, was ihnen langfristig hilft: Bildung.
Jeder von uns kann die Welt verändern – auch von Zuhause

Wir alle können etwas tun. Dabei geht es nicht darum große Summen zu spenden oder Monate lang in kleinen Dörfern in Afrika auszuhelfen. Es gibt dabei kein richtig oder falsch. Die Frage ist: Was kannst du? Was machst du gerne?
Warum ich das alles mache? Weil das all die Arbeit ist, die ich liebe.
Jeder von uns hat sein persönliches Talent, etwas, was du besonders gut kannst. Jeder von uns kann etwas zurück geben. Das muss nicht mal etwas besonders sein. Vielleicht hast du einen kleinen Garten, in dem du Wildblumen pflanzt, um Insekten zu schützen. Oder vielleicht bist du selbstständig und gibst benachteiligten Gruppen eine Chance auf einen Job bei dir. Vielleicht ist es auch einfach die Hilfe, die du deiner Nachbarin anbietest. Oder dein Wissen als ehemaliger Manger, mit dem du jetzt gemeinnützige Organisationen unterstützt.
Egal was es ist. Es ist wertvoll für andere. Die einzige Einschränkung, die ich mir mittlerweile selbst auferlege ist: Frag nach was gebraucht wird. Komm ins Gespräch und hör zu.
Ich glaube fest daran – wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen und mit dem helfen, was wir selbst am besten können – dann verändern wir die Welt. Den größten Einfluss haben wir Zuhause, aber wer weiß bis wohin sich unser Handeln auswirkt.

Fussabdruck statt Cola-Dose
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